Geisternacht in Bautzen

Die steinerne Tafel über der Haustür trägt die Inschrift:

V:C:B:F:C:1789

Es sind die Anfangsbuchstaben des Satzes:

„Venerabile Capituluin Budissinense fieri curavit"

Das bedeutet: „Das verehrungswürdige Bautzener Capitel hat dieses Haus erbauen lassen“

 

Der Dekan ließ 1788/1789 das Gebäude als domstiftliches Schlösserhaus auf einer Brandstelle errichten. Die besondere Geschichte dieses Hauses entstand um die Wende des 17. Jahrhunderts im Hausflur vom Oberamtsadvokaten Christian Keilpflug.

Die vielbesprochene Spuckgeschichte begann kurz vor Weihnachten im Jahre 1683 und versetzte die Bürgerschaft von Bautzen (Budissin) längere Zeit in Aufregung.

Am 20. Dezember 1683 erschien in einem Gewölbe der Frau Eva Catharina Keilpflug, Frau des Oberamtsadvokaten Christian Keilpflug, eine gespenstische Gestalt auf wendische Art bekleidet (Sorbische Tracht). Die Frau gab an, ermordet und im tieferen Keller verscharrt worden zu sein.

Vor mehr als 300 Jahren war das Haus Ort einer Spukgeschichte.

Im zweiten Stockwerk wohnte damals der Oberamtsadvokat Christian Keilpflug, welcher sich seines jungen Eheglücks mit Eva Catharina erfreute, der Tochter des Oberamtssekretarius Simon Hoffmann, die er am 23. Februar 1683 geehelicht hatte.

Als sich die junge Ehefrau am 20. Dezember 1683 in einem Gewölbe neben ihrem Keller aufhielt, erschien ihr plötzlich eine gespenstische Gestalt. Eine Frau, auf wendische Art bekleidet mit einem weißen Tuch um den Kopf  (sorbischer Trauertracht).

Die gespenstische Gestalt gab an, Sabine Ruprechtin zu sein und 1631 von Martin Kattmann, einem Bewohner des Hauses ermordet und im tieferen Keller verscharrt worden zu sein. Um endlich Ruhe zu finden, sollten ihre Gebeine auf einem lutherischen Friedhof beerdigt werden.

Die erschrockene Frau Keilpflug ging auf nichts ein und der Spuk wurde von Woche zu Woche immer seltsamer. Bald erschien das Gespenst auf der Treppe, rasselte mit Ketten, warf mit Steinen nach der Magd, bedrohte die Bewohner des Hauses mit einem Degen und drohte im Studierzimmer der Keilpflugs mit einer feurigen Kugel das Haus in Brand zu stecken.

Aus Angst vor einer bevorstehenden Feuerbrunst schafften viele Stadtbewohner ihre Habseligkeiten in die Keller und der Rat ließ bei Tag und Nacht die Straßen sorgsam bewachen.

Die Spukerscheinungen haben erst Anfang Oktober allmählich nachgelassen.

Die Geistlichen beider Konfessionen nahmen sich der bedrohten Frau Keilpflug an und selbst das Geistliche Ministerium in Dresden befasste sich mit der Angelegenheit. Tatsache ist, nach Aufhören des Geisterspucks wurde am 8. Oktober 1684 im benachbarten Petri-Dom ein Dankfest abgehalten.

Es noch nicht aufgeklärt, ob es sich um einen schlechten Scherz oder um eine krankhafte Anlage der Frau Keilpflug gehandelt hat. Verdächtigt wurde auch der Sekretär der Keilpflugs, weil er wenig verdiente, aber täglich spiele und saufe und allezeit Geld habe.

Das Gespenst hat sich nicht wieder gezeigt. Das Gauckel- und Marter-Spiel hat nachgelassen und es ist auch der ,,Blutstadt Budissin" nicht wieder so übel ergangen wie anno 1634 beim großen Stadtbrand.

 


Abraham Kieseln: Der Betrügliche - Schatzmeister / Oder Satans-Spiel / Zu Gehofen in Thüringen / Wie auch Zu Budissin in Laußnitz. - Jauer 1685.
Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreiches Sachsen. 31. Heft, Bautzen (Stadt), S. 203 und 336. - Dresden 1909.
Bautzener Geschichtshefte, Nr. 1, Vortrag von Richard Wilhelm, gehalten 1912, S. 67/68. -Bautzen 1915.